So sah der große Saal vom Bali-Kino mit Loge im Jahr 1956 aus. Mit Richard Thode bekam Cuxhaven 1922 ein Lichtspielhaus, das
diesen Namen auch wirklich verdiente: Die Kammer-Lichtspiele am Alten Weg (r.) entwickelten sich zum ersten Haus am Platze.
Geschäft mit der Leinwand hatte es Richard
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Thode angetan. 1933 kaufte er das
ehemalige Cuxhavener Lichtspielhaus an
der Deichstraße, eines der ältesten Großkinos
unserer Stadt. Mehrfach umgebaut,
verfügte der moderne Gloria-Film-Palast
über insgesamt 810 Plätze. Zeitweise war
der Kino-Saal der größte in ganz Norddeutschland.
Jüdischen Geschäftsmann
vertrieben
Zuvor hatte das Lichtspielhaus dem tschechoslowakischen
Kino- und Geschäftsbesitzer
Oskar Dankner gehört, der als
erster Jude in Cuxhaven den antisemitischen
Terror am eigenen Leibe zu spüren
bekam. Gegen ihn war eine beispiellose
Hetzkampagne gerichtet, die vor allem
von dem sogenannten „Rollkommando“
der Marine-SA vorangetrieben wurde.
Sie gipfelte am 27. Juli 1933 in einer öffentlichen
Anprangerung, bei der Dankner
zusammen mit seiner angeblichen
„Mätresse“ (einer Nichtjüdin) mit einem
Schild um den Hals durch die Straßen der
Stadt getrieben und dabei auch mit einem
Seil geschlagen wurde. Die gegen ihn gerichtete
Verfolgungsaktion hatte Oskar
Dankner bereits Anfang März 1933 dazu
veranlasst, sein Kino in der Deichstraße
zu verpachten. Am 3. April annoncierte
Dankner dann zudem den „Total-Ausverkauf“
seines Strumpf- und Wäschehauses.
Im Dezember 1933 verließ er mit seiner
Frau Cuxhaven. In einer im Stadtarchiv
verwahrten Abmelde-Liste wird für seine
Person Warschau als Reiseziel angegeben.
(Quelle: Frauke Dettmer, „Juden im Amt
Ritzebüttel und der Stadt Cuxhaven“)
„Komm, wir gehn ins UT“, hieß es im Jahre
1937, wenn das Lichtspielhaus an der
Annenstraße gemeint war. Alfred Stasik
und Adolf Kandeler bauten das einstige
Stadttheater zu einem „Schmuckkästchen“
mit viel Atmosphäre um, weshalb es
bei den Filmfreunden besonders hoch im
Kurs stand. Anfang der 60er-Jahre wurde
das städtische Gebäude abgerissen, für
viele Filmfreunde – gemessen an heutigen
Wertmaßstäben – eine nie wieder gutzumachende
Sünde.
Der Schreiber einer Cuxhavener Kinogeschichte
müsste auch die Theater in Döse
und Groden, die „Strandlichtspiele“ und
das Kino im Gasthaus „Zur Linde“, erwähnen.
Flirtende Teenies kuschelten gern in
den „Cuxhof-Lichtspielen“ am heutigen
Seedeich, dem einzigen Kino weit und
breit, in dem es in der letzten Reihe Zweierpolsterbänke
gab.
Modernste Vorführtechnik
Nicht nur Geschichte, sondern pulsierende
Gegenwart ist das Bali-Kino-Center
mitten im Zentrum Cuxhavens. 1956 kauften
Werner Blanken und sein Schwager
Karl-Heinz Narten das an der Holstenstraße
5 beheimatete „Hotel & Restaurant
Schwartz“ und bauten es zu einem
Lichtspielhaus mit Bierstube um. Das
gut ausgestattete Haus wurde schnell zur
Konkurrenz für die bereits bestehenden
fünf Häuser. Als Anfang der 60er-Jahre
das Kinosterben einsetzte, verkaufte auch
Familie Narten-Blanken ihr Haus.
Aus eins mach drei hieß es dann im Jahre
1980: Im Bali-Lichtspielhaus entstanden
unter der Regie von Klaus Kaspar drei Kinos
unter einem Dach. Darunter das Bali
1, das Kaspar als modernes Service-Kino
mit großem Tresen direkt im Saal geplant
hatte. Der Tresen wurde bei der letzten
Sanierung im Sommer 2018 komplett entfernt.
An seiner Stelle befindet sich jetzt
eine schmucke Loge. „Wir haben in unserer
neuen Loge jetzt auch sechs Pärchensitze.
Danach ist immer einmal wieder
gefragt worden“, schmunzelt Ralf Kaspar,
der das Bali-Kino im Jahr 2003 von seinem
Bruder erwarb und seitdem immer wieder
regelmäßig ins Gebäude und die Technik
investiert, damit das Lichtspielhaus auf
dem aktuellen Stand der Technik bleibt.
Mittlerweile mischt auch die nächste Generation
mit: Jens Kaspar ist mit ins Kinogeschäft
eingestiegen und hat sich mit
den vielfältigen Aufgaben bestens vertraut
gemacht. Jens J. Potschka