Der stellvertretende Verwaltungschef Wolfgang Poit (l.), Bürgermeister
Lasse Weritz sowie Astrid Plepla (2.v.r.) und Bärbel
Tiedemann vom Lebenshilfe-Kreisverband Land Hadeln sind
sich einig, dass der Aktionstag für Inklusion und Integration
nicht der letzte gewesen ist. An eine Wiederholung erinnert
das große Transparent mit den Handabdrücken, das jetzt eine
Wand im Hemmoorer Rathaus ziert.
HEMMOOR MAGAZIN 26 / 2017 31
Lebenshilfe Hemmoor
Inklusion: Bürger legten Hand an...
Es ist ein Kunstwerk der besonderen Art – einzigartig und
jetzt im Hemmoorer Rathaus zu sehen. Ein großes Transparent,
auf dem es von Handabdrücken Hemmoorer Bürgerinnen
und Bürger nur so wimmelt – und eine Erinnerung an
den 05. Mai: Unter dem Motto „Wir gestalten unsere Stadt“ hatte
die Lebenshilfe dazu aufgerufen, ganz persönliche Vorstellungen
und Anregungen für die Entwicklung des Heimatortes
einzubringen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen...
Jährlich gibt es den sogenannten „Europäischen Protesttag zur
Gleichstellung von Menschen mit Behinderung“. Ein Begriff,
der aus Sicht von Bärbel Tiedemann (Vorstand des Lebenshilfe
Kreisverbandes Land Hadeln) zumindest in Hemmoor den
Kern des Anliegens dieser Aktion nicht trifft. So habe Hemmoor
gerade im Bereich der gemeinsamen Betreuung im Kindergarten
sowie schon vor 20 Jahren eine Vorreiterrolle eingenommen
– lange vor anderen Kommunen. Zudem seien in der Stadt
Werkstätten und Wohnprojekte für Menschen mit Handicaps
vorhanden und akzeptiert. „Wir haben hier schon eine relativ
große Akzeptanz in der Bevölkerung und auch bei der Politik“,
so Tiedemann.
Warum dann also ein solcher „Protesttag“? Die Lebenshilfe
habe diese Chance ergriffen, um diesen Tag, der von der
„Aktion Mensch“ in Deutschland ausgerufen worden war, als
Plattform zu nutzen, um die unterschiedlichen Facetten der Integrations
und Inklusionsmöglichkeiten zu veranschaulichen.
„Ein buntes Fest“, sagt Tiedemann. Bunt wie die Handabdrücke
auf dem großen Laken, das jetzt im Hemmoorer Rathaus
zu sehen ist. Bunt wie die Möglichkeiten, das Zusammenleben
mit behinderten Menschen noch zu verbessern. Ansatzpunkte
gibt es aus Sicht der Lebenshilfe viele. Es gehe weniger um das
Absenken von einzelnen Bordsteinen, sondern vielmehr um die
Grundhaltung, die man im Umgang mit Behinderten pflege: „Da
existieren noch viele Schubladen im Kopf“, meint Astrid Plepla,
die bei der Lebenshilfe den Bereich „Offene Hilfen“ leitet. Gerade
durch die persönlichen Begegnungen zwischen den Menschen
ließen sich Vorurteile und auch Unsicherheiten abbauen.
Wer sich zum Beispiel ehrenamtlich um Menschen mit Beeinträchtigungen
kümmere, werde einen völlig anderen Blickwinkel
erhalten. Aber nicht nur das: Ziel müsse es auch sein, dass
Hautfarbe oder Sprachbarrieren keine Rolle im gesellschaftlichen
und menschlichen Miteinander spielen: „Man muss den
Menschen so nehmen, wie er ist.“
Das wünschten sich viele Teilnehmer an dem Aktionstag im Mai
auch, die ihre Wünsche an einer Stellwand platzierten. „Barrieren
im Kopf sind schlimmer als Bordsteine“, hieß es auf einem
Zettel, der auf der Wand im Rathaus zu sehen ist. Oder: „Mehr
Toleranz im Umgang miteinander“. Für Bärbel Tiedemann sind
solche Aussagen wichtig, um zu zeigen, dass es grundlegend
noch Defizite gibt und dafür weniger Politik und Verwaltung verantwortlich
sind. Sie plant, dass die Veranstaltung vom Mai unter
dem Motto „Wir gestalten unsere Stadt“ auch künftig stattfindet
und Gelegenheit bietet, Netzwerke zu schaffen und zu
stärken sowie den gesellschaftlichen Dialog zu forcieren.
Hausaufgaben für Hemmoors Bürgermeister Lasse Weritz und
die Verwaltung gibt es dennoch nach der Aktion im Mai. Neben
allgemeinen Aussagen gab es auch konkrete Handlungsempfehlungen:
„Wir wünschen uns eine Stadtbücherei“, „Eine
Wippe auf dem Spielplatz am Swaffhamweg“, „Mehr Aktionen
für Kinder“, „Sportangebote für Menschen mit Beeinträchtigungen“
oder „Gemeinsame Feste auf dem Rathausplatz“. Weritz
versprach, diese Anregungen nicht abzuheften, sondern in die
Arbeit der politischen Gremien einzubringen: „Es geht manchmal
nur um kleine Schritte, die uns auf dem langen Weg der
Integration und Inklusion aber voranbringen.“
Egbert Schröder